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John Grant
Songs über Essen
Lollipop - The Chordettes

Die Inspiration für diesen Klassiker von 1958 war scheinbar, dass einer der Songschreiber zu spät ins Studio kam, weil sich ein klebriger Lolli in den Haaren seiner Tochter verfangen hatte. Inspiriert davon machte sich seine Kollegin daran, ein fröhliches Lied mit diesem lustig klingenden Wort im Text zu schreiben. Aber wie macht man daraus einen echten Hit? Na ja, da darf etwas Romantik natürlich nicht fehlen: „He loves to kiss me / ‘Til I can’t see straight / Gee, my Lollipop is great! / I call him / Lollipop, lollipop …“ Von diesem Lied gibt es zahlreiche Aufnahmen, am erfolgreichsten war aber die Version des Barbershop-Quartetts The Chordettes. Würde man heute über den Lolli eines Mannes singen, würde das ganz sicher obszön klingen – aber nicht nur das: Auch die Erwähnung einer dermaßen zuckerhaltigen Süßigkeit würde in der heutigen gesundheitsbewussten Welt wohl für hochgezogene Augenbrauen sorgen. Ob es in nächster Zeit eine neue Coverversion dieses Songs geben wird, bei dem passend für unsere moderne Zeiten ein laktosefreier Kefir-Lolli besungen wird? Falls ja: Viel Glück dabei, darauf einen Reim zu finden!

Bakerman - Laid Back

„Bakerman is baking bread / Bakerman is baking bread“. Dieser Hit von Laid Back von 1989 vereinte Menschen auf der ganzen Welt (na ja, eigentlich hauptsächlich in Europa) in ihrer Liebe zu frisch gebackenem Brot. Die sanfte Melodie und die monotone Wiederholung des Liedtextes beschwören beim Zuhörer das Bild eines Bäckers herauf, der den Teig ausrollt, zieht, sanft klopft, knetet … Moment, geht es hier wirklich um Brot? Oder ist die wiederholte Erinnerung „The night train is coming“ vielleicht etwas anderes als nur eine Tatsachenbeschreibung, dass der „Nachtzug bald kommt“, während der Bäcker den Teig immer wieder rhythmisch gegen die Arbeitsfläche drückt? Die Antwort darauf ist wohl dem Zuhörer überlassen, auf jeden Fall lässt der Song einen aber entweder hung-rig oder angeturnt zurück (oder für die ganz Verrückten: beides!). Leider gibt auch das Video keine Hinweise darauf, wie der Songtext zu interpretieren sein könnte. Lars von Trier drehte das Video für die dänische Band und wagte dafür einen schockierenden Ausflug in Richtung so etwas wie „Humor“: Die Bandmitglieder fliegen singend und ihre Instrumente spielend in Fallschirmsprunganzügen in Richtung Erde.

Caramel - John Grant

Es mag verlockend klingen, einen ganzen Song lang nur seine ewige Hingabe an das klebrige Gold zu beschwören, emotionaler und passender für einen Liebessong wird es aber doch, wenn man die süße Sünde nur zu Vergleichszwecken hinzuzieht: „My love is the rarest jewel / And he grounds me with his love / My love – he is rich like caramel …“ Anspielungen auf die süße Köstlichkeit finden sich zudem nur in den ersten Zeilen, danach beschreibt John Grant seine Liebe mit weniger kulinarischen Konzepten wie Schutz und Heilung. Der Sänger wuchs in den 70ern als Schwuler in einem strengreligiösen Haushalt im Mittleren Westen auf, und er machte kein Geheimnis um seine dadurch schwierige Vergangenheit, die von Drogenmissbrauch und psychischen Problemen gezeichnet war. Caramel (2010) hat er offensichtlich als Hommage an seinen Partner, der in all dem Chaos sein Fels in der Brandung war, geschrieben. Ein süßes Happy End – vergleichbar mit einem schlechten Essen gefolgt von einer überraschend köstlichen karamelligen Crème brûlée.

Frim Fram Sauce - Diana Krall

„I don’t want French-fried potatoes, red, ripe tomatoes / I’m never satisfied / I want the frim fram sauce / With the aussen fay and chifafah on the side“. „Aaah, ja“, die hippen Food-Influencer nicken wissend, „Chifafah ist wirklich der absolut heißeste Scheiß.“ Moment mal, ihr Spinner! Das hier ist Diana Kralls Version (1993) eines Jazzklassikers, der bekannt dafür ist, dass er erfundene Wörter enthält! Der in den 1940ern durch Nat King Cole berühmt gewordene Song Frim Fram Sauce dreht sich um ein Gelüst, dass sich nur durch eine bestimmte Sache befriedigen lässt; auf der Speisekarte stehen zwar verschiedenste Köstlichkeiten, aber das Einzige, was Diana Krall glücklich machen kann, ist eben dieses Frim-Fram-aussen-chifafah-Ding. Oder sind das alles vielleicht anzügliche Anspielungen? Auch gut möglich. Und doch kann man sich auch ganz gut vorstellen, einem großspurigen Restaurantbesucher zuzuhören, der so Dinge sagt wie: „Für mich das Frim-Fram, aber achten Sie darauf, dass sie außen nicht zu sehr ge-fayed wird. Und habe ich schon erwähnt, dass ich es einfach nicht ertragen kann, wenn das Chifafah nicht auf dem Punkt ist?“

Old Whore’s Diet Rufus Wainwright ft. Anohni

„An old whore’s diet / Gets me goin’ in the mornin’“. Was nicht ganz klar ist? Was eine in die Jahre gekommene Prostituierte wohl frühstückt. Was ganz eindeutig ist? Rufus bringt dieses Thema irgendwie durcheinander: Old Whore’s Diet (2004) geht von einer Ballade über zu fröhlichem Reggae, wehmütigen Streichern und dem Gesang Anohnis (zuvor Antony and The Johnsons) hin zu traurigen Orgelklängen und schließlich zum heillos chaotischen Höhepunkt. Okay, Rufus, wir haben verstanden, dass wohl von keinem einfachen Butterbrot die Rede ist. Was könnte es also sein, das den Sänger morgens auf Touren bringt? Offiziell heißt es, dass die Inspiration für diesen Song kaltes chinesisches Lieferessen zum Frühstück in irgendeinem Hotelzimmer war. Hmmm. Einige Fans sind eher der Ansicht, dass das Frühstück einer in die Jahre gekommenen Prostituierten wohl nicht ganz so unschuldig sein dürfte. Wie soll man das am besten erklären? Also, es scheint, als würden sich nicht mehr ganz taufrische käufliche Damen oft zu … bestimmten … Gefallen hinreißen lassen, um im Geschäft zu bleiben. Na dann: Guten Appetit!